Viele Ratsuchende, die mit ihrer Krankheit zu mir gekommen sind, hatten
viel Erfolg, wenn sie sich selbst bewußt mit ihrer bisherigen Lebensweise
auseinandergesetzt haben und aufgund dieses Bewußtseinswandels notwendige
Änderungen herbeigeführt haben.
Dieser Heilungsprozeß entspringt aus dem Inneren und ist keine
kosmetische Schönheitsoperation. Genauso verhält es sich mit
den Pflanzen: Keine Pflanze kann schließlich weiterleben, wenn ihre
Wurzel abgeschnitten wurde.
Das wichtigste ist, daß wir nach innen gehen, um die Ursache
aufzusuchen. Damit möchte ich nicht sagen, daß die moderne Schulmedizin
und die Medikamente nicht gebraucht werden (deren Norwendigkeit ist ja
nicht zu übersehen).
Um meine Absicht nocheinmal zu erläutern, hier ein kleines Beispiel:
Ein Raucher raucht täglich z.B 2 Schachteln Zigaretten. Es kommt nun
zuweilen zu einem kleinen Husten. Nimmt er nun ein Medikament gegen Erkältung,
so wird sein Leiden wahrscheinlich gelindert werden. Irgendwann wird es
aber zu ernsthaften Beschwerden kommen, die ihn zum Arzt zwingen.
Der Arzt wird dann nach gründlicher Untersuchung nur noch sagen können,
daß es zu spät ist, und er aufgrund von Lungenkrebs bald sterben
muß.
Dieser Mensch hat den Hilferuf seines Körpers nicht beachtet.
Handelt es sich bei dieser Geschichte nur um ein Märchen? Ein koreanisches
Sprichwort sagt: "Wenn man einen Tiger fangen möchte, dann sollte
man in eine Tigerhöhle gehen." Das heißt, nur mit dem Willen
alleine geht es nicht. Wenn man einen Tiger jagen möchte, muß
man ihn ganz verstehen (seine Stärken, Schwächen und Charaktereigenschaften).
Dann kann man ihn beherrschen und Freundschaft mit ihm schließen.
Dazu muß man natürlich über spezielle Fähigkeiten
verfügen. Ein chinesisches Sprichwort drückt etwas ähnliches
aus:"Wenn Du deine Feinde kennst, dann wirst Du siegen." So muß man,
um eine Krankheit vorzeitig zu verhüten, seinen Körper vollständig
verstehen, sich mit ihm unterhalten und ihn richtig lieben können.
Um es nocheinmal zu wiederholen: Wenn ich meinen Körper nicht
verstehe, kann ich mich nicht mit ihm unterhalten, ihn also auch nicht
richtig lieben. Die Folge ist eine Krankheit. Wenn man nun seinen Körper
nun nicht richtig kennt, kann man auch seinen Geist nicht kennen und kontrollieren.
Daraus folgt, daß man auch sein Wesen nicht ausbilden kann, sein
ureigenstes Selbst.
Wenn man sich nicht lieben kann, kann man erst recht nicht seinen Nächsten
wirklich lieben, geschweige denn den Kosmos richtig erfahren. Jesus hat
einmal gesagt: "Wenn Du einen sichtbaren Menschen nicht lieben kannst,
wie kannst Du dann einen unsichtbaren Gott lieben?"
Stellen sie sich einen Wasserhahn vor. Das Schließventil soll
hier die geistige Ursache (Zustand) darstellen. Das Wasser symbolisiert
die Krankheit. Das Entfernen (Wegwischen) stellt die medizinische Behandlung
dar.
Wenn das Schließventil nicht richtig zu ist, dann wird das Wasser
immer weiterfließen, unabhängig vom Putzen, es wird kein Ende
geben. Das Ende kommt nur durch das Schließen des Ventils.
Wir sollten in unseren Betrachtungen noch weiter fortfahren. Gibt es
Menschen, die ohne körperlichen und geistigen Streß leben? Und
wer möchte schon Sklave seines Stresses sein? Die Menschen sind sehr
bemüht, sich vom Streß zu befreien. Wenn wir nicht eine gundsätzlich
Auslöschungsmethode finden, wird der Streß immer größer.
Das was wir als Streß empfinden, ist im großen Maße davon
abhängig, was wir als unser Lebensziel ansehen. Es gibt hungernde
Menschen, die glücklich sind, und es gibt sehr wohlhabende Menschen,
die unglücklich sind.
Die Lotusblume zeigt die Situation bildlich. Sie verliert ihre saubere
Schönheit nicht durch das schmutzige Wasser, in dem sie gedeiht. Es
gibt viele mutige Leute, die körperlichen Wohlstand verweigerten und
lieber den Tod wählten, um geistigen Frieden zu erlangen. Die endgültige
Frage ist, wo das Lebensziel liegt. Sollte man sich vom Streß gefangen
nehmen lassen (ein Sklave sein) und krank werden, oder sollte man sich
vom Streß befreien und gesund leben?
Großmeister
Johann Whang
TAEKWONDO AKTUELL 1/94
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